Obwohl der Steinkohlebergbau in Deutschland fast zum Erliegen gekommen ist, geht es den deutschen Bergbauausrüstern gut. Sie haben den Strukturwandel in der Branche genutzt, um die Produktion neu zu organisieren.
Arbeiter vor der Kulisse von Bergbaumaschinen der deutschen Firma Eickhoff
Nach Jahren des schleichenden Rückgangs der Branche wird der Steinkohlebergbau in Deutschland nach einer Entscheidung der Behörden im Jahr 2018 enden. „Das war absehbar“, sagt Paul Rheinländer, Vorsitzender des Branchenverbandes der Bergbaumaschinenhersteller (BBM). Trotzdem sei es etwas schneller gegangen als erwartet, sagt Rheinländer. Seit Jahrzehnten gibt es in Deutschland mehr als 130 Zulieferer für Bergbautechnik mit mehr als 20.000 Mitarbeitern, die sich auf Aufträge von Bergleuten stützen. Die Krise in der Branche gefährdet die Zukunft dieser Unternehmen.
Die Branche hatte bereits in der Vergangenheit mit einem starken Produktionsrückgang zu kämpfen. Es begann Ende der achtziger Jahre“, erinnert sich Paul Reinländer, „und dauerte bis Ende der neunziger Jahre. Das war der Zeitpunkt, an dem der größte Einbruch stattfand.“ Reinländer ist zugleich Geschäftsführer der traditionsreichen Maschinenfabrik Eickhoff in Bochum, einem der führenden Anbieter von Bergbautechnik. Auch dieses Unternehmen hat die negativen Auswirkungen der Bergbaukrise zu spüren bekommen. In einem Jahrzehnt der Krise behielten nur 600 der 1.800 Mitarbeiter von Eickhoff ihren Arbeitsplatz.
„Einige wurden zurückgelassen“
Obwohl das Unternehmen nach der Umstrukturierung 1.300 Mitarbeiter wieder einstellte. Im Prozess des Strukturwandels mussten neue Nischen gefunden werden, erklärt Reinländer. „Früher haben wir fast ausschließlich Bergbaumaschinen verkauft, aber heute bieten wir Produkte aus fünf verschiedenen, nicht miteinander verbundenen Segmenten an“, fügt er hinzu. Dazu gehören neben Antrieben für Windkraftanlagen auch Gussteile, Kokereien und Schienenfahrzeuge. Diese werden alle von Tochtergesellschaften des Eickhoff-Werks produziert.
Die deutsche Steinkohle bekommt einen zweiten Wind
Wie der Vorsitzende des Branchenverbandes der Bergbautechnikhersteller Paul Reinländer einräumt, haben sich einige Unternehmen nicht rechtzeitig angepasst und sind ins Hintertreffen geraten. Dennoch ist es den meisten Unternehmen gelungen, die Krise zu überwinden und heute eine bedeutende Rolle auf dem internationalen Markt zu spielen.
Während der Steinkohlebergbau in Deutschland keine Zukunft mehr hat, spielt die Kohle in anderen Ländern eine wichtige Rolle, vor allem in der Stromerzeugung. Immerhin gibt es genug Reserven in nachgewiesenen Lagerstätten, die mindestens 200 Jahre reichen. Folglich gibt es eine Nachfrage nach neuer Bergbautechnologie. Genau das nutzen die deutschen Anbieter von Bergbautechnik.
In diesem Bereich sind die Dinge besser als früher. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz auf dem heimischen Markt um fast neun Prozent im Vergleich zu 2010, sank aber monetär um rund 400 Millionen Euro. Gleichzeitig stiegen die Exporte um 32 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro.
Deutsche Bergbautechnik ist im Ausland sehr gefragt
Paul Reinländer erwartet, dass der Gesamtumsatz der Produktion in diesem Jahr sogar die Fünf-Milliarden-Euro-Grenze knacken wird. Der Exportanteil ist seit 2009 von 85 Prozent auf 91 Prozent gestiegen. Die Hauptabnehmer sind China, Russland sowie Firmen aus Südamerika, Südafrika und Australien.
Maßgeschneiderte Technologie
Im Zuge der Bergbaukrise in Deutschland haben deutsche Zulieferer gelernt, über die Landesgrenzen hinaus auf neue Märkte zu schauen. Die besondere Stärke dieser deutschen Unternehmen liegt in ihrem Know-how, den Kunden Maschinen zur Verfügung zu stellen, die individuell an die Anforderungen des Kunden und des Standorts angepasst werden können.
Eickhoff-Maschinen für asiatische Märkte
Paul Reinländer erklärt: „Die Automatisierung gewinnt in Australien immer mehr an Bedeutung. Vor allem in Asien besteht Bedarf an robusten Maschinen, die möglichst wartungsfrei arbeiten. In China hingegen, so der kaufmännische Leiter von Eickhoff, wird ein besonderes Augenmerk auf die Leistungsfähigkeit und Kapazität der Bergbautechnik gelegt.
Natürlich hätten die deutschen Zulieferer nichts dagegen, weiterhin selbst in Deutschland zu fördern, um neue Entwicklungen testen zu können. Ansonsten ließe es sich nicht vermeiden, dass die Konstruktionsbüros der Unternehmen im Ausland angesiedelt sind, räumt Paul Reinländer ein. Trotz des hohen Exportanteils wollen deutsche Unternehmen ihre Produktionsstätten auch im Inland behalten, weil es hier hochqualifizierte Mitarbeiter gibt.
Neue Bergbaubetriebe in Deutschland
Inzwischen rechnen die Bergbaumaschinenhersteller wieder mit einem Umsatzplus von rund vier Prozent im deutschen Heimatmarkt. Schließlich braucht der Steinkohlebergbau auch weiterhin Ersatzmaschinen. Aber es gibt noch eine andere Art von Kunden, erklärt der Eickhoff-Vertriebsleiter: „Man darf nicht vergessen, dass zur Bergbauindustrie auch der Stein- und Sandabbau gehört. Da gibt es immer eine Nachfrage.“
Die Bergwerke in Deutschland werden auch nach 2018 weiterbestehen, auch wenn hier keine Steinkohle mehr gefördert wird. Durch steigende Rohstoffpreise ist der Abbau anderer Mineralien wieder rentabel geworden. An der Wismut wurde ein Bergwerk für Schwerspat wiedereröffnet, in der Lausitz ist ein großflächiger Kupfererzabbau geplant.